Skip to main content
27.07.2011

Pflegende Angehörige: Anstellung bei der Spitex

Nur wenige Spitex-Organisationen bieten pflegenden Angehörigen die Möglichkeit einer Anstellung. Die SPITEX RegionKöniz ist eine davon. Seit November letzten Jahres stellt sie pflegende Angehörige an, die eine Pflegeausbildung vorweisen können.

Im Rahmen des Projekts „Hand in Hand“ bietet die SPITEX RegionKöniz pflegenden Angehörigen diverse Entlastungsangebote an: Sie schenkt Gutscheine für freie halbe Tage, bietet Beratungsgespräche an und ermöglicht Angehörigen durch die Zusammenarbeit mit Pro Senectute, finanzielle Fragen zu klären.

Seit November 2010 können sich pflegende Angehörige ausserdem von der Spitex anstellen lassen. Die Anstellung erfolgt im Stundenlohn und zu denselben Bedingungen wie für alle anderen Spitex-Mitarbeitenden: Sozialleistungen werden abgedeckt, Weiterbildungsmöglichkeiten geboten und die pflegenden Angehörigen werden auch in die Qualitätssicherung integriert. So erhalten sie zum Beispiel Praxisbegleitung und nehmen an Fachsitzungen teil. Bedingungen: Wer auf diesem Weg eine Anstellung sucht, muss eine Pflegeausbildung vorweisen können, mindestens den Rotkreuz-Kurs zur Pflegehelferin, und darf nicht älter sein als 64. Die Anstellung erfolgt auf dem üblichen Weg: Interessierte reichen ein Bewerbungsdossier ein und werden zu einem Gespräch eingeladen.

„Bis jetzt haben wir zwei Frauen angestellt. Ein paar Anfragen klären wir noch ab“, sagt Brigitte Hadorn, Verantwortliche des Projekts „Hand in Hand“. Eine der beiden angestellten Frauen ist Lisa Bühler. Die 60-Jährige pflegt seit eineinhalb Jahren ihre pflegebedürftige Schwiegermutter. Letztes Jahr klärte die diplomierte Pflegefachfrau mit der Krankenkasse ab, ob sie die Pflege in Rechnung stellen könne, worauf sie den Hinweis erhielt, dass sie sich als selbständig Erwerbende registrieren lassen müsse. Das war Lisa Bühler zu kompliziert. Sie nahm Kontakt auf mit der Geschäftsleiterin der SPITEX RegionKöniz und unterbreitete ihr den Vorschlag pflegende Angehörige anzustellen. Die Idee stiess auf offene Ohren und wurde sogleich umgesetzt.

Für Lisa Bühler hat die Anstellung viele Vorteile: „Als Angestellte einer öffentlichen Institution habe ich einfacher Zugang zu Wissen und Material, kann Fortbildungen besuchen und bin mit einem Bein in der Berufswelt.“ Auch für die Spitex ist die Anstellung von pflegenden Angehörigen interessant. Mit dem neuen Auftrag, der selbstverständlich gemäss geltenden Regeln abgeklärt wird, steigt das Pflegestundenvolumen. Aber in erster Linie diene die „Assistenzpflege“ einer guten Sache, hinter der die Spitex mit Überzeugung stehen kann.

Was mit den Verträgen geschieht, wenn die Angehörigen keine Pflege mehr brauchen, ist im Moment noch offen. „Das muss zu gegebener Zeit individuell geklärt werden“, sagt Brigitte Hadorn. Sie könne sich aber vorstellen, die Assistenzpflegenden bei anderen Klienten einzusetzen, die eine kontinuierliche Betreuungen brauchen.

Diese kontinuierliche Betreuung ist es auch, die Lisa Bühler am meisten Freude macht: „Ich konnte früher im Spital oder im Heim nie so individuell pflegen, wie ich das jetzt kann. Möglich ist das, weil ich die Biografie und die Ressourcen meiner Schwiegermutter kenne. Das regt meine Fantasie an und ist eine Herausforderung für eine kreative Pflege.“ Bezugspersonenpflege wie sie im Bilderbuch steht. Die Pflege wird an 2 Tagen in der Woche durch andere Spitex-Mitarbeitende übernommen. Dies bietet Entlastung für die pflegenden Angehörigen und trägt gleichzeitig zur Qualitätssicherung bei.

Die Frage, welche Konsequenzen eine Anstellung für die Beziehung zwischen den Angehörigen hat, wird gemäss Brigitte Hadorn noch evaluiert. Mit Ehepaaren zum Beispiel hat die Spitex RegionKöniz bisher noch keine Erfahrungen gemacht. Womöglich auch deshalb, weil diese das 64igste Altersjahr meist überschritten haben, wenn einer der Partner pflegeabhängig wird. Lisa Bühler sieht jedoch keine negativen Konsequenzen für die Beziehung zu ihrer Schwiegermutter. Im Gegenteil: „Dadurch, dass ich für die Pflege bezahlt werde, handle ich in schwierigen Pflegesituationen nicht nur als Angehörige, sondern auch als Pflegefachfrau.“ Mit anderen Worten: Die berufliche Rolle gibt ihr die Distanz, die es manchmal braucht, um in schwierigen Situationen gelassen zu bleiben.

Eine Anstellung von pflegenden Angehörigen ist also für alle ein Gewinn: Für die Spitex, für die pflegenden Angehörigen und für die Klienten. „Und“, fügt Lisa Bühler an, „ nicht zuletzt auch für den Staat, der den Auftrag formuliert, dass jeder ein Anrecht auf gute Betreuung hat.“

Weitere Informationen zum Projekt „Hand in Hand“: www.spitex-regionkoeniz.ch
 

Zurück
Download more variants from https://tabler-icons.io/i/arrow-big-up-line Download more variants from https://tabler-icons.io/i/chevron-down Download more variants from https://tabler-icons.io/i/search Download more variants from https://tabler-icons.io/i/chevron-left