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10.08.2011

Übernahme von Pflegekosten durch die Invalidenversicherung

Leistungen der Grundpflege sind keine Pflichtleistungen der Invalidenversicherung (IV). Dieser Grundsatz betrifft Kinder mit Geburtsgebrechen und ist bereits im IV-Rundschreiben Nr. 177 vom 01.05.2003 festgeschrieben. Grundpflege wird über Geldleistungen an die Versicherten bzw. deren Eltern (Hilflosenentschädigung und Intensivpflegezuschlag) abgegolten, so die Meinung des Bundesamts für Sozialversicherung (BSV).

2010 hat das Bundesgericht diese Praxis im Urteil 8C_81/2010 gestützt. Es kam zum Schluss, dass die IV nur Leistungen übernehmen muss, welche ausschliesslich durch medizinisch ausgebildetes Personal erbracht werden können. Sie muss Massnahmen der Grund- und sogar der Behandlungspflege nicht übernehmen, wenn die Eltern in der Lage sind, diese selber durchzuführen. Das aktuelle IV-Rundschreiben Nr. 297 stützt sich auf dieses Bundesgerichtsurteil.

Georges Pestalozzi-Seger, Rechtsdienst Integration Handicap, zog folgenden Schluss: „Dass der Gesetzgeber bewusst Kinder mit einem Geburtsgebrechen leistungsmässig gegenüber erkrankten Kindern schlechter stellen wollte, kann nicht angenommen werden.“ Es werde deshalb zu klären sein, ob für Leistungen der Grundpflege und einen Teil der Behandlungspflege die Krankenversicherung subsidiär aufkommen müsse. (Vgl. Behinderung und Recht 4/10 > Okt. 2010)

Ein neues Bundesgerichtsurteil stützt die Meinung von Pestalozzi-Seger. Die Rechtsberatungsstelle von Procap fasst dieses Urteil (9C_886/2010) wie folgt zusammen: „Das Bundesgericht hat entschieden, dass sich die Krankenversicherung bei Geburtsgebrechen nicht vollständig zurückziehen darf. Sie muss dafür sorgen, dass Kinder mit Geburtsgebrechen mindestens die gleichen Spitex-Leistungen beanspruchen können, wie Kinder ohne Geburtsgebrechen.“ (Siehe Medienmitteilung vom 15.07.2011 auf www.procap.ch > news).

Eine rechtliche Beratung bei Procap oder Integration Handicap ist im Einzelfall empfehlenswert. Die Situation ist sehr unübersichtlich und aufwändig. Daniel Schilliger von Procap empfiehlt z.B. den Spitex-Organisationen, den Bedarf an Pflegeleistungen bei Kindern mit Geburtsgebrechen sowohl der IV als auch der Krankenversicherung zu melden. Die Krankenversicherer haben das Recht, eine Überentschädigungsberechnung zu machen und gegebenenfalls die Leistungen zu kürzen. Damit eine solche Berechnung überprüft werden kann, sollen die Eltern vorsorglich auflisten, wofür sie die Hilflosenentschädigung und den Intensivpflegezuschlag ausgeben. Überdies müssen sich die Eltern bewusst sein, dass sich eine Veränderung bei den Spitexstunden auch auf die Höhe des Intensivpflegzuschlages auswirken kann.

Die Behindertenorganisationen prüfen zurzeit die Lancierung eines politischen Vorstosses, der die Finanzierung von Pflegeleistungen für Kinder mit Geburtsgebrechen klären und sichern soll.

(Quelle: SVS, INFO August 2011
 

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